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Zündholzetiketten

Die Streichholzschachtel dient nicht nur als Behälter für die Zündhölzer sondern ist auch ein ideales Werbeinstrument. Bei durchschnittlich 40-60 Hölzern pro Schachtel sieht sich der Benutzer das Etikett sehr viel häufiger an als jede Werbung im Fernsehen. In der frühen Zeit der Entwicklung von Zündhölzern wurde überwiegend Werbung in eigener Sache gemacht, später bekamen die Etiketten eher den Charakter von Minipostern. Abgebildet wurden Persönlichkeiten, Landschaften, Tiere, Pflanzen, Bauwerke, eben alles, was den Menschen interessiert. Schon bald erkannte man die Möglichkeit, mit Etiketten Propaganda zu machen. Sehr ausgeprägt findet man sie auf Etiketten der 50iger Jahre aus der DDR. Hauptthemen waren u.a. Erhaltung des Friedens, Volksbildung, Aufbau der sozialistischen Wirtschaft, Schutz der Umwelt. Oft fanden sich "erhobene Zeigefinger", die schon an Maßregeln grenzten, etwa Strom zu sparen, sich ordentlich im Straßenverkehr zu verhalten oder Brände zu verhüten. In Sachen Brandschutz gab es 1962 etwas recht Kurioses. Hinter diesem link findet man ein paar Raritäten aus der DDR-Zündholzindustrie.
Die Nutzung zur Werbung für Produkte und Dienstleistungen jeder Art "perfektionierten" (wen wunderts?) die Amerikaner. Allerdings wurden in den USA überwiegend Buchzünder produziert. Entsprechend der unterschiedlichen Größe der Schachteln wurden natürlich auch die Etiketten in den verschiedensten Formaten hergestellt. Es gibt mehr als 20 verschiedene Größen zwischen 44x25cm und 4x2,5cm. Nicht jedes dieser Etiketten kam auf eine Schachtel. Zum Versand wurden die Schachteln meist in Pakete und die Pakete in Kisten verpackt. Sogenannte Paket- und Kistenetiketten (Schwedische Kistenetiketten), die häufig die gleichen Motive wie die Etiketten auf den einzelnen Schachteln hatten, wurden auf die Verpackung geklebt. Diese stammen hauptsächlich aus Ländern, die Zündhölzer exportier(t)en, wie DDR, Schweden oder Tschechien.
Eine heute kaum noch gebräuchliche Form ist das sogenannte Banderoletikett, das um die Schachtel herum geklebt wurde. Eine weitere Form, die Luxuskofferetiketten dienten hauptsächlich als Blickfang auf Werbeschachteln und waren daher meist von einer besseren Papier- und Druckqualität. Heute sind sie ein begehrtes Sammelobjekt.
Ähnlich wie bei den Briefmarken kann man auch Zündholzetiketten als druckfrische oder bereits im Umlauf befindliche Exemplare sammeln. Die Etiketten werden als Blöcke gedruckt und anschließend geschnitten. Entweder kaufte man sie druckfrisch bei den Herstellerfirmen oder mußte sie von Schachteln ablösen. Obwohl ausgefeilte Techniken und Mixturen beschrieben wurden, birgt das Ablösen immer das Risiko der Zerstörung, insbesondere bei älteren Schachteln.
Im Laufe der Jahre wurden zunehmend Etiketten in Serien produziert, vielleicht ein Tribut an die Sammler? Die Seriengrößen variierten von 2 bis mehr als 300 Stück. Überwiegend aus den 60iger und 70iger Jahren stammen große Serien mit holländischen Mühlen, internationalen Künstlern, Erfindern oder Comics. Das verwendete Papier, die Farbe und die Drucktechnik variierten ebenfalls sehr stark, je nach Hersteller und dem Verwendungszweck. Für Werbeetiketten wurden höherwertige Materialien verwendet. Eine ausgefallene Idee stammt aus einem ungarischen Aluminiumwerk, für das anläßlich seiner Gründung sechs Etiketten aus Aluminium herausgegeben wurden. Hochglanz- und Ölpapier fanden ebenso Anwendung wie erhabene Drucke. In früheren Jahren wurden hauptsächlich Zweifarbendrucke oder schwarz-rot-gelb gedruckte Etiketten hergestellt. Sehr anspruchsvolle Mehrfarbendrucke finden sich schon auf schwedischen, russischen und tschechischen Etiketten aus den 60iger Jahren.
Wenn man sich heute Zündholzschachteln aus Deutschland ansieht, kann man den Eindruck gewinnen, daß das Zündholzetikett langsam ausgedient hat. Die meisten Schachteln sind nur noch aus Pappe - eigentlich schon eine Enttäuschung für den Phillumenisten. Diese Pappschachteln werden heute oft direkt bedruckt, häufig glänzend und mit farbigen Streichhölzern aber mit eher langweiligem Motiv.
Eine Holzschachtel mit einem schönen Etikett muß eben dem Fortschritt (oder die Ästhetik der Kosteneinsparung) weichen - leider.